Treibstoff für die Bienen, erlesener Genuss für uns Menschen

Honig ist viel mehr als ein Nahrungsmittel

Honig ist energiereich, leicht verdaulich und lecker. Er besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten. Der optimale Treibstoff für die kräftezehrenden Sammelflüge der Honigbienen. Grundzutat des Honigs ist der Nektar, den die Bienen in Blüten finden. Hauptinhaltsstoffe des Nektars sind die beiden Einfachzucker Fruktose und Glukose sowie Saccharose und diverse andere Mehrfachzucker, insbesondere bei den Honigtauhonigen. Damit der wasserreiche Nektar nicht verdirbt, wird er von den Bienen getrocknet und mit körpereigenen Enzymen angereichert. Die im Nektar vorkommende Sacharose wird in Glukose und Fruktose aufgespalten, und weitere Enzymen lassen die antibakteriellen Inhibine Glukonsäure und Wasserstoffperoxid entstehen. Abgerundet wird das Aroma des süßen Saftes durch geringe Mengen an Aminosäuren, Eiweißen, organischen Säuren, Mineralien, Phosphaten, Vitaminen und Enzymen.

Honig in der Volksmedizin

Schon 2500 vor Christus verwendeten Menschen Honig zur Wundbehandlung. In ägyptischen Aufzeichnungen aus der Zeit um 1530 vor Christus sind Rezepte mit Honig festgehalten, die bei Magen- und Gallenleiden, Schwächezuständen und gegen Verstopfung eingesetzt wurden. Der griechische Arzt Hippokrates (460-377 vor Christus) empfahl Honig bei Fieber und behandelte eiternde Wunden mit Honigsalben.

Zucker verdrängt den Honig

Bis ins späte Mittelalter war Honig im europäischen Raum das einzige Mittel, um Speisen und Getränken zu süßen. Die Wende kam mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492. Er brachte aus der neuen Welt neben vielen exotischen Gewürzen erstmals Zucker mit nach Europa. Doch der Zucker kostete zehnmal so viel wie Honig und wurde lange als Kostbarkeit und Heilmittel angesehen. Erst als es den Europäern gelang, Zuckerrohr in den Kolonien anzubauen, konnte das begehrte Süßungsmittel in größeren Mengen nach Europa ausgeführt werden. Der Preis blieb aber hoch, und so war Zucker zunächst dem Adel und den reichen Bürgern vorbehalten.

Der Zuckerkonsum an den Höfen und in den herrschaftlichen Bürgerhäusern beeinflusste entscheidend die kulturelle Entwicklung in Europa. Es galt als vornehm, die neuen exotischen Getränke Kaffee und Kakao mit Zucker zu süßen. Am französischen Hof wurde die Sitte eingeführt, zu diesen beliebten Getränken stets süßes Gebäck zu reichen. Die Kaffeetafel wurde gesellschaftsfähig und entwickelte sich mehr und mehr zu einer bevorzugten Mahlzeit für Gäste. Auch die heute übliche Speisenfolge, bei der ein Festmahl mit einem Dessert endet, entstand in dieser Zeit.

Marzipan, Konfekt und Likör wurden vor etwa 300 Jahren erfunden und waren zunächst nur den Reichen vorbehalten. Aus den Küchen der Oberschicht war Honig Ende des 16. Jahrhunderts fast völlig verschwunden. Als Rohrzucker durch hohe Einfuhrzölle immer teurer wurde, versuchte man aus anderen Pflanzen Zucker zu gewinnen. Friedrich der Große ließ nach Möglichkeiten suchen, aus der heimischen Runkelrübe Zucker zu gewinnen. Durch die Bemühungen der Pflanzenzüchter konnte der Zuckergehalt gesteigert werden, und die Neuzüchtung, genannt Zuckerrübe, begann ihren Siegeszug durch Europa. 1801 wurde die erste Rübenzuckerfabrik in Schlesien errichtet und konnte täglich aus fünf Tonnen Rüben 200 Kilogramm Kristallzucker gewinnen. Am Ende des 19. Jahrhunderts war die Technik soweit fortgeschritten, dass der Zucker industriell und kostengünstig produziert werden konnte. Es war damit immer mehr Menschen möglich, sich das begehrte Gut zu leisten.

Nicht nur Naschwerk und süße Backwaren erfreuten sich großer Beliebtheit, auch Suppen, Getreidebreie, Fleisch – und Gemüsegerichte wurden zunehmend mit Zucker verfeinert. Zucker wandelte sich vom Luxusartikel zum populären Genussmittel. Ende des 18. Jahrhunderts lag der Durchschnittsverbrauch für Zucker in Deutschland noch bei rund einem Kilogramm pro Person und Jahr. Zwischen 1800 und 1900 kletterte er auf 14 Kilogramm pro Person und Jahr. Heute liegt der Verbrauch pro Kopf bei rund 30 Stück Würfelzucker am Tag – was etwa 34 Kilogramm pro Jahr entspricht. Der Honigkonsum dagegen liegt heute bei bescheidenen 1,4 Kilogramm pro Kopf und Jahr.

Honig versus Zucker

Im Zeitalter des Zuckers, der industriellen Lebensmittelproduktion mit ihren unzähligen Fertigprodukten und der hoch entwickelten Medizin änderte sich die Bedeutung des Honigs von Grund auf. Durch seinen ausgeprägten Eigengeschmack, seiner Geschmacksvielfalt und der flüssigen Konsistenz gilt Honig zur Herstellung von Backwaren und Konfekt als nur bedingt geeignet. Zudem beeinflussen die verschiedenen Anteile von Fruktose und Glukose den Süßungsgrad. Honig ist teurer als Zucker und die Vielfalt führt bei so manchem Verbraucher zu Verwirrung. In Zeiten, in denen immer weniger selbst gekocht wird, erscheint vielen Menschen die Verarbeitung von Honig als unpraktisch. Alte Rezepte mit Honig geraten in Vergessenheit und sind in vielen Kochbüchern nicht mehr vorhanden. Honig als Brotaufstrich oder zum Süßen von Tee ist zwar bekannt, aber bei der Zubereitung von Speisen oder als Heilmittel spielt er keine Rolle mehr.

Honig ist in manchen Kreisen nicht nur unmodern geworden, er steht auch im Kreuzfeuer der Kritik. Einige Menschen sind davon überzeugt, dass Honig gegenüber Zucker keine Vorteile bietet und sogar gesundheitsschädlich sein kann. So wird zum Beispiel vor einer erhöhten Kariesgefahr für die Zähne und vor Risiken für die Figur gewarnt. Der Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und den anderen Inhaltsstoffen wird vielfach als unbedeutend dargestellt. Gesundheitsfördernde Wirkungen werden dem Honig entweder ganz abgesprochen oder als Aberglauben dargestellt. Heilwirkungen werden als nicht wissenschaftlich bewiesen abgetan.

Während die Gegner kaum ein gutes Haar an dem süßen Honigprodukt lassen, sind die Befürworter von den Vorteilen des Honigs überzeugt. Viele Honigliebhaber sind überzeugt davon, dass sie durch den Genuss von Honig widerstandsfähiger und auch seltener krank werden. Positive Wirkungen des Honigs bei Erkrankungen der Verdauungsorgane werden ebenso berichtet wie Erfolge bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Problemen, Zuckerkrankheit, Allergien und Nervenleiden. Nicht wenige Senioren führen ihr stolzes Alter auf den regelmäßigen Genuss von Honig zurück. Allgemein bekannt ist die antibakterielle Wirkung von Honigverbänden bei schlecht heilenden Wunden oder offenen Beinen. Eine schnellere Heilung ist bei der Anwendung von Honig medizinisch unumstritten.

Die Frage, ob Honig gesund ist und welche Rolle er in der Ernährung und Gesundheitsvorsorge spielen kann, ist heute aktueller denn je. Immer mehr Menschen interessieren sich für eine gesunde Ernährung und die Naturheilkunde. Durch neue Erkenntnisse in Ernährungswissenschaft und Medizin sowie genauere Analysemethoden ist es inzwischen möglich, Beobachtungen beim Verzehr von Honig zu erklären, die lange Zeit rätselhaft erschienen.